Veröffentlicht am Mai 15, 2024

Zusammenfassend:

  • Vermeiden Sie teures Ad-hoc-Laden durch kostenlose Basistarife und die Nutzung von Lade-Apps zum Preisvergleich.
  • Planen Sie Ladestopps strategisch: Der erste Stopp bei 20 % Rest-Akku, der zweite als flexibler Puffer, nicht erst bei fast leerer Batterie.
  • Reduzieren Sie den Reichweitenverlust im Winter, indem Sie den Akku vorheizen und Kurzstrecken mit hohem Heizbedarf vermeiden.
  • Schonen Sie die Batteriegesundheit, indem Sie Ladevorgänge im optimalen Fenster von 20-80 % halten und auf unnötig hohe Ladeleistungen verzichten.

Die erste Langstrecke im neuen Elektroauto steht an. Die App hat die Route geplant, die Vorfreude ist groß. Doch am Ende der Reise kommt der Schock: Die Ladekostenrechnung ist doppelt so hoch wie erwartet. An einer einzigen Schnellladesäule wurden 0,79 € pro Kilowattstunde abgerechnet, während der heimische Stromtarif bei unter 30 Cent liegt. Diese Erfahrung teilen viele E-Auto-Fahrer in Deutschland und sie ist der Nährboden für die gefürchtete Reichweitenangst. Es ist die Angst, nicht nur liegenzubleiben, sondern auch in eine unkontrollierbare Kostenfalle zu tappen.

Die üblichen Ratschläge sind bekannt: „Nutze eine Lade-App“ oder „Lade nur bis 80 %“. Doch diese Tipps kratzen nur an der Oberfläche. Sie adressieren nicht das Kernproblem: das Fehlen einer echten, proaktiven Ladestrategie. Die meisten Fahrer agieren reaktiv, überlassen die komplette Steuerung einer App und werden so zum Spielball von dynamischen Preisen, Blockiergebühren und ungünstig platzierten Ladesäulen.

Doch was wäre, wenn die Lösung nicht in einer besseren App, sondern in einem besseren Mindset liegt? Wenn es nicht nur darum geht, *wo* man lädt, sondern *warum*, *wann* und zu *welchem Preis*? Dieser Artikel bricht mit der passiven Herangehensweise. Er zeigt Ihnen, wie Sie vom einfachen Nutzer zum strategischen Planer Ihrer E-Auto-Reisen werden. Sie lernen, die Ladeinfrastruktur in Deutschland zu Ihrem Vorteil zu nutzen, Kostenfallen aktiv zu umgehen und die Technik Ihres Fahrzeugs so zu verstehen, dass Sie jede Langstrecke mit souveräner Gelassenheit meistern.

Wir werden die versteckten Kosten an öffentlichen Säulen aufdecken, eine schrittweise Methode zur Routenplanung vorstellen, die günstigsten Ladekarten für Ihr Fahrprofil analysieren und die häufigsten Fehler aufdecken, die nicht nur Ihren Geldbeutel, sondern auch die Lebensdauer Ihrer Batterie belasten. Bereiten Sie sich darauf vor, die Kontrolle zurückzugewinnen und Elektromobilität auf Langstrecken so zu erleben, wie sie sein sollte: entspannt, effizient und wirtschaftlich.

Warum Sie an öffentlichen Ladesäulen 0,79 €/kWh statt 0,45 €/kWh zahlen

Der größte Schock für viele neue E-Auto-Fahrer ist nicht die Reichweite, sondern die Rechnung nach dem ersten Autobahn-Ladestopp. Der Grund für die extremen Preisunterschiede liegt im sogenannten Ad-hoc-Laden. Wenn Sie ohne speziellen Vertrag oder Ladekarte an einer Säule laden und per Kreditkarte oder QR-Code bezahlen, fallen Sie in den teuersten Tarif des Betreibers. So kann es passieren, dass das Schnellladen bei Anbietern wie Ionity bis zu 0,79 €/kWh kostet, während Sie mit einem Vertragstarif beim selben Anbieter vielleicht nur 0,60 €/kWh zahlen würden.

Diese Preispolitik ist eine bewusste Strategie der Anbieter, um Kunden an ihre eigenen Tarife zu binden. Die gute Nachricht ist: Diese Kostenfalle lässt sich vollständig vermeiden. Eine proaktive Ladestrategie beginnt damit, sich nicht auf das spontane Laden zu verlassen. Schließen Sie im Voraus kostenlose Basistarife bei mehreren großen Anbietern ab (z. B. Maingau, EWE Go oder EnBW). Diese kosten keine monatliche Grundgebühr, sichern Ihnen aber sofort einen deutlich günstigeren kWh-Preis als beim Ad-hoc-Laden.

Ein weiterer Kostenfaktor sind Blockiergebühren. Viele Betreiber verlangen nach einer bestimmten Zeit (oft 60 Minuten bei DC-Schnellladern oder 4 Stunden bei AC-Langsamenladern) eine zusätzliche Gebühr pro Minute. Beenden Sie den Ladevorgang also aktiv, sobald Ihr Auto zu etwa 80 % geladen ist, denn ab diesem Punkt sinkt die Ladegeschwindigkeit ohnehin drastisch. Nutzen Sie zudem Apps wie die von Shell Recharge, um dynamische Preise zu beobachten. Manchmal kann der Preis an derselben Säule je nach Tageszeit um mehrere Cent schwanken – ein kleiner Aufwand mit spürbarer Wirkung auf die Ladekosten.

Wie Sie in 5 Schritten eine E-Auto-Route mit optimalen Ladestopps durch Deutschland planen

Eine gute Routenplanung geht weit über die reine Eingabe des Ziels in eine App hinaus. Sie ist eine strategische Übung, die Sicherheit gibt und Kosten spart. Anstatt sich blind auf die Vorschläge des Bordcomputers zu verlassen, übernehmen Sie mit einem 5-Schritte-System die Kontrolle. Dieser Ansatz verwandelt die Reichweitenangst in souveräne Planungssicherheit. Erfahrene E-Fahrer wissen, dass entspanntes Reisen das Ergebnis guter Vorbereitung ist, die oft nicht länger als ein paar Minuten dauert.

Nahaufnahme einer Hand, die eine Routenplanungs-App für Elektroautos auf einem Smartphone bedient
Geschrieben von Thomas Hoffmann, Thomas Hoffmann ist Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik mit Schwerpunkt alternative Antriebe und seit 12 Jahren als Mobilitätsberater in der deutschen Automobilbranche tätig. Er berät Privatkunden und Unternehmen bei der Umstellung auf Elektromobilität und kennt die realen Alltagsbedingungen deutscher Fahrer.